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Vorläufige Studienergebnisse über das Akzeptanz- und Resistenzverhalten von Produktionsmitarbeitenden gegenüber KI-Systemen

Vorläufige Studienergebnisse über das Akzeptanz- und Resistenzverhalten von Produktionsmitarbeitenden gegenüber KI-Systemen

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als neuste General Purpose Technology (GPT), die das Potenzial hat, Geschäftspraktiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verändern. Ungeachtet der Branche, bezieht sich ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Realisierung der potenziellen Vorteile von KI auf die Akzeptanz und das Resistenzverhalten der Nutzenden. Bisherige Studien des Forschungsfeldes haben gezeigt, dass Menschen oft widerwillig oder abgeneigt gegenüber der Verwendung von KI sind (z.B. Burton et al., 2020) und eine Ablehnung oft zu Fehlgebrauch, Missbrauch oder gar Nichtnutzung führt (Burton et al., 2020; Parasuraman & Riley, 1997). Empirische belastbare Beweise im Kontext von Produktions- und Fertigungsprozessen fehlen, was verwunderlich ist, da dies einen klassischen Anwendungsfall von Mensch-Maschine Interaktion darstellt und für die erfolgreiche Einführung von KI-Anwendungen unabdingbar ist.  

Das Fachgebiet Innovationsmanagement hat daher im Rahmen von ProKI-Ilmenau eine Studie durchgeführt, die die Akzeptanz- und das Resistenzverhalten von Produktionsmitarbeitenden untersucht. Basierend auf den Ergebnissen wird beabsichtigt KI-Verantwortlichen (bspw. Ingenieuren, Strategieplanern und Mitarbeitenden, die den Change-Prozess begleiten) Faktoren darzulegen, die das Akzeptanz- und Resistenzverhalten von Produktionsmitarbeitenden gegenüber KI-Systemen beeinflussen. Zudem werden Workshop- und Seminarformate ausgearbeitet, um Produktionsunternehmen (vorrangig deutsche KMUs) bei der Einführungsstrategie von KI- Systemen zu helfen. Untenstehend finden Sie einen Sneak Peak in die bisherigen Erkenntnisse.

Zusammenfassung der bisherigen Studienergebnisse und erste Empfehlungen

Executive Summary

Fakten zur Studie

  • Die Studie wurde vom Fachgebiet Innovationsmanagement der TU Ilmenau im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts ProKI-Ilmenau durchgeführt.
  • In der hier thematisierten Studie wird die Akzeptanz- und das Resistenzverhalten von Produktionsmitarbeitenden gegenüber KI-Systeme untersucht.
  • Das Thema ist für Wissenschaft und Praxis gleichermaßen von Interesse, da die potentiellen Nutzenvorteile von KI in starker Abhängigkeit zu dem Akzeptanz- und Resistenzverhalten der Nutzenden sind und empirische Untersuchungen in diesem Anwendungsfall fehlen.
  • Die Studie umfasst eine Umfrage und ein Szenario-basiertes Experiment.
  • An der Studie haben 167 Produktionsmitarbeitende deutscher Unternehmen aus verschiedenen Branchen im Zeitraum vom 29.08.2023 bis zum 18.09.2023 teilgenommen.

Erste Ergebnisse der Studie

  • Aktuelle regelmäßige Nutzung von KI in Produktionsunternehmen liegt bei 27% und beschränkt sich größtenteils auf Führungspositionen. 
  • Produktionsmitarbeitende sind neutral bis offen gestimmt gegenüber innerbetrieblichen Veränderungen und der Einführung von KI am Arbeitsplatz.
  • Produktionsmitarbeitende bevorzugen menschliche Ratschläge gegenüber KI-generierten Ratschlägen.
  • Der potentielle Mehrwert von KI in Produktionsunternehmen wird erkannt, dennoch sind 43% der Mitarbeitenden in der Produktionsleitung davon überzeugt, dass das Arbeitsergebnis ohne KI besser ist.
  • Die Stimmung bei der Einführung von KI ist neutral, mit einer Tendenz zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit.

Herausforderungen

  • Weniger als 20 Prozent der bis 35-Jährigen sind davon überzeugt, dass KI in der Produktion eine gute Idee ist.
  • Ein Drittel der ab 46-Jährigen haben Angst von Maschinen bzw. KI-System beherrscht zu werden.
  • 13 Prozent der Mitarbeitenden lehnen KI-Systeme vehement ab.

Chancen

  • Aufgrund der Tatsache, dass Mitarbeitende in der Produktion gerne für innovative Unternehmen arbeiten und über eine hohe Lernbegierde verfügen, kann davon ausgegangen werden, dass Produktionsmitarbeitende grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber KI sind.
  • Produktionsmitarbeitende erkennen potentielle betriebliche Nutzenvorteile von KI wie bspw. die Produktivitäts- und Effizienzsteigerung und die Senkung der Kosten.
  • Vor allem über 36-Jährige sind offen gegenüber betrieblichen Veränderungen und vertrauen der Kompetenz der Firma, für die sie arbeiten. Die Offenheit und das Vertrauen können genutzt werden, um die Akzeptanz neuer KI-Systeme zu stärken.

Empfehlungen

  • Kommunikation & Information: Eine frühzeitige Kommunikation über die Einführung der KI sowie Schulungsformate über die Anwendung und die Funktionsweisen der KI können dabei helfen anfängliche Resistenzen von Mitarbeitenden abzubauen.
  • Transparenz & „Walk the talk“: Eine klare und verbindliche Definition und Kommunikation des Einführungsprozesses der KI können das Vertrauen der Mitarbeitenden stärken.
  • Strukturierte Begleitung des Changeprozesses: Eine frühzeitige Einbindung der Mitarbeitenden in den Changeprozess kann helfen mögliche Resistenzen von Mitarbeitenden gegenüber KI abzubauen.

Ein detaillierter Studienbericht wird zeitnah per Download auf der Website von ProKI-Ilmenau zur Verfügung gestellt werden. Wenden Sie sich bei konkreten Anwendungsfragen auch gerne direkt an Felipa Carrara.

Quellen:

Burton, J. W., Stein, M.-K., & Jensen, T. B. 2020. A systematic review of algorithm aversion in augmented decision making. Journal of Behavioral Decision Making, 33(2): 220–239.

Parasuranam, R. & Riley, V. 1997. Humans and Automation: Use, Misuse, Disuse, Abuse. Human Factors: The Journal of the Human Factors and Ergonomics Society, 39 (2), 230-253.

Beitrag von: Felipa Carrara